Quasi als Schwesterobjektiv zu meinem Helios 44-2 58 mm f/2.0 aus belarussischer Produktion besorgte ich mir nun auch noch das Mir-1 37 mm f/2.8. Wie schon das Helios, ist auch das Mir-1 ein Nachbau, nämlich vom bekannten Flektogon 35 mm der Carl Zeiss Werke in Jena (DDR). Das "Mir" wurde über mehrere Jahrzehnte in verschiedenen Varianten und in unterschiedlichen Fabriken der UdSSR gefertigt. Meines stammt aus den Zagorsk Optical-Mechanical Plant in der Nähe von Moskau. Und wie beim Helios 44-2 ist es mir auch beim Mir-1 gelungen, ein Exemplar mit Jahrgang 1972 im Internet ausfindig zu machen.
Obwohl 1972 gefertigt, stammt das ursprüngliche Design aus dem Jahre 1949, als die Firma Carl Zeiss Jena mit dem Flektogon 35 mm das erste Retrofokus-Objektiv vorstellte. Die Russen kopierten das Objektiv einfach und brachten es unter dem Namen "Mir" und mit geringfügigen Änderungen (Brennweite 37 mm statt 35 mm und 10 statt 6 Blendenlamellen) auf den Markt. Anfangs waren die russischen Kopien so gut und wertig, dass die Russen an der Weltausstellung 1958 mit ihren Objektiven eine Auszeichnung holten. Darauf waren sie folglich so stolz, dass sie noch anderthalb Jahrzehnte später den Schriftzug "Grand Prix Brussels 1958" auf das Objektiv Mir-1 eingravierten. 
Aber wie bei den meisten russischen Objektiven dieser Zeit variiert die Qualität stark. Ein bekanntes Problem ist das billige Öl oder Fett, welches gerne die Blendenlamellen verschmiert und verklebt. Weitere Probleme sind zu viel Toleranz in der mechanischen Passung, so das zu viel Spiel ein exaktes Arbeiten bei den Einstellungen erschwert und schlicht eine zu hohe Streuung in der optischen Qualität. Mein Mir-1 erfreut sich glücklicherweise einer nicht allzu schlechten mechanischen Qualität, hat saubere Blendenlamellen und relativ wenig Staub im Innern. Klassischerweise für ein russisches Objektiv kommt es mit einem M42 Schraub-Bajonett.
Ein weiteres Manko des Mir-1 37 mm f/2.8 und etwas gewöhnungsbedürftig ist der doch sehr eigenwillige Umgang mit der Blendeneinstellung. Im Grundsatz lässt sich die Blende stufenlos bedienen - ein Plus für Videografen. Allerdings kann mit einer Vorwahlblende die Maximalblende voreinstellen, (äusserster Ring mit den Blendenzahlen drauf) so dass man zwischen Offenblende und der eingestellten Blende variieren kann. Diese Blendenvorwahl rastert relativ stark, so dass diese nicht versehentlich verstellt wird. Allerdings stimmt dann die Anzeige der Blende (roter Punkt auf zweiten Ring des Objektivs) überhaupt nicht mit der eingestellten Blende überein, sondern ist gerade invers. Keine Ahnung wie man auf eine solche Idee der Markierung kommt. Am Besten stellt an über die Blendenvorwahl die gewünschte Blende ein und nutzt so nur die Maximalblende am äusseren Anschlag. Alles andere ist ein bisschen Zufall, insofern man denn überhaupt so exakt arbeiten möchte. Dass die Vorwahlblende nur in jede volle Blende rastet, kann als weiteres Manko bezeichnet werden. Hier ist das originale Flektogon vom Zeiss überlegen indem es auch halbe Blenden exakt einstellen lässt.
Technische Daten:
Hersteller: Zagorsk Optical-Mechanical Plant
Baujahr: 1972
Serienummer: 725440
Brennweite: 37 mm
Lichtstärke: 1:2.8
Konstruktion: 6 Linsenelemente in 5 Gruppen
Blende: f/2.8 bis f/16
Blendenlamellen: 10
Naheinstellgrenze: 0.7 m
Anschluss: M42
Gewicht: 240 gr.
Mit den 10 Blendenlamellen kann ein weiches Bokeh erwartet werden. Die untere Testreihe lotet dies mit einer Nahaufnahme etwas aus. Die Naheinstellgrenze liegt bei 0.7 Meter, was leider keine allzu nahen Aufnahmen ermöglicht. Mit einem Hack, den man mit etwas Geduld im Internet findet, lässt sich diese mit ein wenig mechanischem Geschick auf ca. 0.35 Meter verringern. Eine Modifikation, welche ich derzeit noch nicht vorgenommen habe, aber wahrscheinlich zu einem späteren Zeitpunkt noch machen möchte. Offenblendig ist das Objektiv nicht allzu scharf. Vor allem am Rand und in den Ecken fällt die Schärfe extrem ab. Dennoch lässt sich ein Objekt im Bildzentrum einigermassen vernünftig freistellen. Man kann natürlich diese Makel auch schön reden und dem Mir-1 viel "Charakter" attestieren.  
f/2.8
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f/4.0
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f/5.6
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f/8.0
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f/11.0
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f/16.0
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In der unteren Bildreihe mit dem Fokus auf unendlich zeigt sich sehr gut die Verzerrung hin zu den Rändern und Ecken. Bei meinem Exemplar des Mir-1 zeigt sich zudem eine grössere Verzeichnung am linken Bildrand im Vergleich zum rechten.
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Erst ab Blende 5.6 stellt sich eine akzeptable Schärfe über das gesamte Bild ein. Gegenüber der abfälligen Schärfe bliebt die Vignettierung auch Offenblendig im akzeptablen Bereich. Man sollte das Mir-1 also mit Vorliebe nur bei mittenbetonter Bildgestaltung offenblendig einsetzen. Dann kann man aber mit diesen Mangel stimmungsvolle Vintage-Effekte erzeugen, wie die Bildbeispiele ganz unten zeigen.
f/2.8
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f/5.6
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Auf einem Spaziergang durch Zürich eingefangene Szenen, welche mit offener Blende erstellt wurden.

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