Da 35 mm zu meiner bevorzugten Brennweite gehört, verwundert es nicht, dass ich mich schnell mit dem Flektogon 35 mm f/2.8 aus der ostdeutschen Produktionsstätte Carl Zeiss Jena anfreundete. Gerechnet wurde die Optik ein erstmal 1949 von Rudolf Solisch und war das erste Retrofokus-Objektiv, welches in Jena in Produktion ging. Retrofokus ist kurz gesagt die Technik, bei welcher mit einem optische Trick die Schnittweite zwischen Objektiv und Filmebene vergrössert wird, damit auch kurze Brennweiten für Spiegelreflexkameras gebaut werden konnten, ohne dass deren hinterste Linsenelemente mit dem Schwingspiegel kollidierten.
Zu Beginn der 1960er Jahre wurde eine Neuberechnung am Flektogon 35 mm f/2.8 durchgeführt. Dabei konnte die Naheinstellgrenze auf sehr kurze 18 cm verringert werden, was beinahe schon Makroaufnahmen ermöglicht.
Das von mit ergatterte Flektogon hat zwar paar kleinere Gebrauchsspuren, erfreut sicher aber alles in allem in einem guten Zustand. Der Fokus läuft schön gleichmässig und butterweich. Die Blende rastet sehr leicht, viellicht sogar etwas zu leicht.
Technische Daten:
Hersteller: Carl Zeiss Jena (DDR)
Baujahr: ca. 1965
Serienummer: 8405808
Brennweite: 35 mm
Lichtstärke: 1:2.8
Konstruktion: 6 Linsenelemente in 5 Gruppen
Blende: f/2.8 bis f/22
Blendenlamellen: 5
Naheinstellgrenze: 0.18 m
Anschluss: M42 Schraubanschluss
Gewicht: 232 gr.
Obwohl das Flektogon 35 mm mit seiner maximalen Offenblende von f/2.8 heute kaum mehr zu den Lichtwundern zählt, was es in seiner Zeit, in den 1960er Jahren, natürlich eine lichtstarke Linse. Offenblendig nimmt man für diese Lichtstärke doch eine merklich spürbare Vignettierung in Kauf, wie die Bilderreihe unten eindrücklich zeigt. Zudem breitet sich über das gesamte Bild eine flimmernde Unschärfe aus, welche sich gegen die Rand- und Eckbereiche ins Extreme steigern. Für viele Anwendungen wie  z.B. Landschaften ist das natürlich nicht zu gebrauchen. Hingegen lässt sich dieser optische "Fehler" natürlich als Bildlook bei Porträts oder in der Objektfotografie einsetzen (vgl. die Bespiele ganz unten). 
Allerdings bringt das Schliessen um eine Blende auf f/4.0 schon eine drastische Verbesserung. An schärfsten ist das Objektiv ab Blende f/5.6 und f/8.0. Hier lassen sich mit dem Objektiv durchaus auch Landschaften ins richtige Licht rücken.
f/2.8
f/2.8
f/4.0
f/4.0
f/8.0
f/8.0
f/2.8
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f/4.0
f/4.0
f/8.0
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Obwohl die Zebraversion des Flektogons 35 mm Mitte der 1960er Jahre bereits die dritte Ausführung war, scheint die eingesetzte Vergütung noch nicht sehr effektiv zu sein. Jedenfalls kreiert die Linse gegen die Sonne noch starke Reflexionen. Natürlich kann man diese Flares auch bewusst in die Bildgestaltung einfliessen lassen. 
f/2.8
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f/8.0
f/8.0
f/11.0
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Nimmt man die optischen Fehler der Offenblende in Kauf, so belohnt einem das Flektogon 35 mm mit einem Bokeh mit geschmeidigen Blasen, die gegen den Rand allerdings die Form von Katzenaugen annehmen. Abgeblendet wechselt dies schnell zu ausgeprägten Pentagonen, welche durch die fünf Blendenlamellen entstehen. Dies kann mitunter zu einem sehr unruhigen Bokeh führen. 
f/2.8
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f/8.0
f/8.0
f/16.0
f/16.0
Mit seiner extremen Naheinstellgrenze von nur gerade 18 cm kann man mit dem Flektogon 35 mm schon an den Makrobereich heranreichen. Dies macht das Flektogon 35 mm f/2.8 aus meiner Sicht eigentlich zum idealen Begleiter in der Natur, da man problems zwischen Landschaft (abgeblendet) und Naturdetails hin und her wechseln kann.
In Kombination mit meiner Panasonic S5 und bei automatischer Mehrfeld-Belichtungsmessung (Matrixmessung) tendiert das Flektogon zu einer Unterbelichtung. Das kann aber im Post-Prozess problemlos nachbearbeitet werden. Zudem werden damit die hellen Berieche geschützt. Bild links: Original ab Raw; Bild rechts: Nachbearbeitet in Adobe Lightroom.
Nachfolgend ein paar Aufnahmen mit offener Blende f/2.8; unbearbeitet; direkt ab RAW:
Nachfolgend ein paar Aufnahmen mit Blende f/8.0; unbearbeitet; direkt ab RAW:

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